Teilen und Dienen
30.03.2025

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Gedanken zum Gründonnerstag 24.03.2016
Über nun schon rund 2000 Jahre haben Christen im Laufe der Geschichte des letzten Beisammenseins Jesu mit seinen Jüngern vor seinem Tod gedacht. Haben das letzte Abendmahl und die Fußwaschung in den Lesungstexten der Evangelien betrachtet und in Gottesdiensten gefeiert. Haben die Zeichen des Brotteilens und der Fußwaschung nachvollzogen.
Tut dies zu meinem Gedächtnis hat Jesus zu seinen Freunden gesagt; handelt so, wie ich an euch gehandelt habe. Aufträge, die wir Christen in die Liturgie aufgenommen haben und als Grundauftrag in unser Leben übernehmen sollen. Ein Auftrag, den er voll Vertrauen an seine Freunde gegeben hat und auch an uns.
Wenn ich dann unsere Gesellschaft anschaue und auf mich selbst blicke, dann merke ich, wie groß die Spannung zwischen Auftrag und Handeln ist. Unsere aktuelle Flüchtlingsproblematik und der Umgang mit Menschen in existentieller Not nimmt einem schier die Luft und offenbart unser Ringen um Lösungen. Wenn ich dann mit Bekannten, die kirchenfern sind, über Glauben und die Botschaft Christi diskutiere, kommt immer wieder die Frage hoch:
Was ist denn in dieser Welt durch das Christentum wirklich besser geworden. Wie gehen denn tief religiöse Menschen in der EU mit den Flüchtlingen um. Wie lebt ihr denn diese Botschaft der Nächstenliebe, sind Christen denn bessere Menschen? Und wenn ich ehrlich bin: Ich habe keine wirkliche Antwort auf diese Fragen außer der einen:
Ja, ich weiß, dass das Christsein allein noch gar nichts aussagt. Christsein ist kein Gütesiegel für einen guten Menschen. In unserem Zeitalter, in dem alles klassifiziert und von Ratingagenturen bewertet wird, ob etwas gut oder ungenügend ist, würden wir Christen nicht unbedingt besser abschneiden als unser nichtchristlicher Nachbar. Wenn es ein Rating für gelebtes Christsein gäbe – es wäre spannend zu sehen, wo wir stehen würden.
Aber ich glaube daran, dass nur die gelebte Botschaft Christi wirklich zu einer besseren Welt führen wird. Und ich glaube an diesen Christus, der nicht sinnlos gestorben ist. Dieser Christus, der wusste, dass sein Leben, sein Leiden aus der Liebe zum Vater und zu uns Menschen über seinen Tod hinaus wirken wird. Und der deshalb seinen Jüngern den Auftrag erteilt hat, die Liebe Gottes zu verkünden und das Mahl mit dem Brotteilen zu seinem Gedächtnis zu feiern. Und deshalb sind wir aufgerufen, das Brot zu teilen, wie Jesus das getan hat, und die Fußwaschung als Zeichen des Dienens ernst zu nehmen und zu leben.
Jeder von uns, der das Teilen und die Fußwaschung als Akt des Dienens ernst nimmt, ist aufgerufen und berufen, in den vielen kleinen Gelegenheiten des alltäglichen Lebens anderen Menschen eine Geste der Aufmerksamkeit, der Zuneigung, des tröstenden Wortes zu schenken. Es ist die unendliche Summe vieler kleiner Gesten, in denen unser Ja zu Christus durchscheint, das die Welt verändern kann.
Jesus hat beim letzten gemeinsamen Mahl nicht die Füße von Apostelfürsten gewaschen. Sondern die Füße des Judas, der ihn verkauft hat. Des Petrus, der ihn verleugnet hat. Des Thomas, der nach dem Tode Jesu verzweifelt war und an die Auferstehung zunächst nicht glauben wollte. Jesus hat nie einem Menschen die Tür gewiesen und ihn hinaus geschickt. Er hat immer die Tür geöffnet und eingeladen.
Jesus kannte seine Jünger sehr gut und wusste um ihre Stärken und Schwächen. Und er kennt auch unsere Fähigkeiten und Grenzen. Aber er kennt auch das Potential in uns Menschen, sein Werk fortzuführen. Dieses Potential, unsere Kraft bei allen unseren Fehlern und Schwächen als ein Geschenk Gottes zu verstehen, das wir nutzen sollen.
Der Gründonnerstag ist bei allem Schmerz und aller Traurigkeit ein Tag der Hoffnung und Zuversicht. Ein Tag, der weiterführt. Der Gründonnerstag ist nicht der letzte Tag von Gemeinschaft, sondern ein Wegweiser für das Kommende. Der Gründonnerstag ist ein Zeichen für die Fähigkeit in uns Menschen, einen guten Weg zu gehen.
Ich wünsche uns, gerade an diesem Tag des Abschiednehmens, dass uns gelingt, was Jesus seinen Jüngern so sehr ans Herz gelegt hat: Sein Vermächtnis lebendig zu halten.
privat